„Ich setzte den Fuss in die Luft und sie trug.“
Hilde Domin (nur eine Rose als Stütze) Wir Menschen sind Gewohnheitstiere. Was auch gut ist. Ab und zu brauchen unsere Synapsen im Hirn neues, anderes, ungewohntes. Lust auf Veränderung. Veränderung als Chance, die Dinge aus einem anderen Winkel zu sehen. Veränderung als Abenteuer, das uns jung hält. Die gewohnten, breiten Autobahnen unseres Gehirns werden durch neue, kleine, unbetretene Wege abgelöst. Im I Ging, einem altem chinesischen Orakel, aus dem das Buch der Wandlungen entstand, heisst es „solange die Dinge in Bewegung sind, können sie beeinflusst werden“. Das gefällt mir. Veränderung versus Stillstand. Obwohl die Offenheit zur Veränderung nichts mit unserem rastlosen Lebenstil zu tun hat. Der Schritt in die Veränderung, ob freiwillig oder unfreiwillig, stärkt uns, lässt uns neue Erfahrungen machen. Wir lernen uns besser kennen, lernen mit Widrigkeiten umzugehen und Vertrauen zu haben, dass es gut kommt, wie schwarz ich es in diesem Moment auch sehe. Meiner Meinung hängt es sehr davon ab, wie meine Einstellung, meine Ausrichtung ist. Ist das Glas halb voll oder halb leer? Hilde Domin schreib das im Gedicht oben sehr schön, dieses Vertrauen, dass das Leben es gut mit mir meint. Jetzt geht die Zeit von Lockdown und zuhause bleiben für die meisten von uns vorbei, die Einschränkungen werden gelockert, und eine neue Zeit beginnt. Trotz vielen Herausforderungen macht es mir Hoffnung neue Zeiten zu begrüssen und nicht das Gewohnte zurückzuwünschen, was ein Stück weit auch normal und menschlich ist. An unserem „busy lifestyle“ des „höher, besser, schneller“, unser Leistungs- und Optimierungsdenken habe ich mich vorher schon gestossen. Jetzt wo ich gesehen habe, dass es halb so höher, schneller, besser auch geht, habe ich Mühe zurück zum Alten, Vertrauten zu gehen. Es macht für mich keinen Sinn, alles ist Veränderung, Entwicklung, wieso sollten wir das Gute nicht mitnehmen aus dieser schwierigen Zeit? Den Mut haben Nein zu sagen, zu höher, schneller, besser und offen sein für neue Lebens- und Arbeitsformen. Foto aus eigenem Fundus; Schiermonnikoog, Juli 2012 Chaos ist okay, lass' dich nicht verrückt machen von der Ordnung, vom Perfekten. Wie so oft ist es eine Frage des Masses, zu viel Perfektion ist langweilig und starr und zu viel Chaos nimmt uns den Überblick.
Chaos und Ordnung bedingen einander, sind der Kreativität grösste Muse. Was ich oft beobachte, ist die Einteilung in gut und böse, sofort sind wir in der Wertung. Wir schämen uns, weil wir anscheinend nicht der Norm entsprechen, den perfekten, immer gleichen Bildern auf Instagram. Lass dich nicht in die Konformität zwingen, du bist einzigartig, mit all deinen Mäkeln! Akzeptiere deine Unordnung, du hast gute Gründe dafür und diese liegen meistens in der Vergangenheit. Beobachte und erforsche deine Muster ohne sie zu werten. Dann ändere im hier und jetzt was du kannst. Schritt für Schritt. Und wenn das Chaos dich überfordert, wenn die Unordnung dich behindert in deinem Alltag, dann lass dir helfen. Wir schauen das zusammen an, ich begleite und unterstütze dich Lösungen zu finden sowie eine Struktur, die zu dir passt und mit der du vorwärts gehen kannst. Foto aus eigenem Fundus, Bergell 2010 Über eine Kundin wird mir bewusst, wie schwierig es ist rauszufinden, welche Dinge ich haben möchte und welche ich nur aus Pflichtgefühl behalte. Weil ich vielleicht gar nicht weiss, wie sich Leichtigkeit, ein Leben ohne viele Sachen anfühlt.
„Wir könnten so viel in uns entdecken, wenn wir uns nicht zu sehr anpassen müssen und uns nicht permanent ablenken“. Diesen Satz habe ich aufgeschnappt. Er beschäftigt und inspiriert mich. Wieso fällt es uns so schwer vom Tun ins Sein zu kommen, Langeweile auszuhalten und zu unserem innersten Kern vorzustossen? Karen Kingston* spricht vom Verlust der uns natürlichen, regelmässigen Innen-Zuwendung. Wir leben in einer extrovertierten Welt und vergessen, dass es beide Gegenpole braucht, damit die inneren und äusseren Welten in Balance sind. Nacht und Tag, Licht und Schatten, Aktivität und Ruhe, Extrovertierte und Introvertierte. Ich weiss gar nicht was mir gut tut. Es sind Zufälle oder gar Unfälle, die mich zwingen auf meine Stimme zu hören. Es braucht Stille, Zeit, Geduld, Übung durch Rituale, Reflektion, innehalten, Innenschau. In den Körper reinspüren oder ihn überhaupt mal wahrnehmen. Um zum Raumcoaching, zum Aufräumen zurückzukommen können wir uns Fragen stellen wie: „wie fühlen sich die Dinge an, wie reagiert mein Körper darauf, was sind die physischen Empfindugen?“ Diese Fragen sind mir im Buch von Peter A. Levine* begegnet. Er schreibt über die uns innewohnende Fähigkeit, traumatische Erfahrungen zu transformieren. Und auch da braucht es Zeit und Zuwendung nach innen. Heilung geschieht im eigenem Rhythmus, meistens langsamer als wir wollen und entzieht sich unser Kontrolle. Als Coach möchte ich meine Kunden/innen dazu auffordern, ihre eigene Heilung im Aufräumeprozess zu berücksichtigen, damit das Aufräumen nachhaltig ist. Offen dafür zu sein, beobachten was mit einem und im Körper passiert, nicht bewerten und nichts beschleunigen. Dann kann Aufräumen im aussen auch ein innerer, achtsamer Heilungsprozess sein, der mir Klarheit bringt was mit gut tut und was für Dinge ich in meinem Leben will. Die Zeichnung (ohne Titel, mit Tusche, 2018) enstand über eine intuitiven Mal-Übung, quasi aus dem Bauch heraus.. * Trauma-Heilung; das Erwachen des Tigers; unsere Fähigkeit, traumatische Erfahrungen zu transformieren, 1998, Synthesis Verlag *karenkingston.com Mein Werk „Familienbande“ (Collage, Monotypie) entstand 2014 im Zusammenhang mit meiner Familiengeschichte. Meine Geschichte zu kennen brachte Klarheit, Ruhe und Frieden in mein Leben. Negative Muster wurden mir bewusst. Ich konnte sie akzeptieren und mich neu ausrichten.
Eine Aussage von Bruce Springsteen in seiner Autobiographie „born to run“ hat mich dazu sehr berührt und inspiriert: „Ich muss meine Geschichte verstehen lernen um mich von ihrem zerstörischen Einfluss zu lösen. Um ihr Schönheit, ihr Kraft schätzen zu lernen und zu ehren. Ich erzähle sie meinen Freunden, meiner Familie, sie ist meine Mission, mein Gebet. Sie soll die Seele berühren und zu eurer Geschichte werden. Erzählt sie!“ Auch in unseren eigenen vier Wänden sind die Erinnerungen mit den Dingen verknüpft und es ist schwierig gewisse Dinge oder Werte loszulassen und unseren eigenen Weg zu gehen. Grad jetzt in der Corona-Krise sind wir viel Zuhause, umgeben von unseren Liebsten und unseren Sachen. Es ist eine gute Zeit um sich den Dingen und Mustern bewusst zu werden und auszumisten. Ich bin neugierig was du über das Aufräumen im Zusammenhang mit Familie denkt, schreib' mir deine Gedanken an christine@einfach-raeumen.ch! |
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AuthorChristine Braun, Raumcoach: "schreiben macht mich glücklich und zufrieden. Die Dinge und Gedanken, die mich beschäftigen auf Papier zu bringen, gibt mir Ruhe und Klarheit. Eine Art Aufräumeprozess für den Kopf". Archives
February 2024
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